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Gelassenheit durch Atem: Die besten Atemübungen gegen Stress

Blonde Frau die durch Atem gelassen wurde.
Photo by Anna Barabanova / Unsplash

Stress ist ein alltäglicher Begleiter für viele von uns. Ob im Beruf, zu Hause oder unterwegs – die Anforderungen des Lebens können schnell überwältigend wirken. Aber was wäre, wenn es eine einfache Methode gäbe, um Stress in wenigen Minuten zu reduzieren? Die Lösung liegt buchstäblich in uns: unser Atem.

In diesem Artikel erfährst du, warum bewusstes Atmen so effektiv gegen Stress hilft, welche einfachen Techniken es gibt und wie du diese mühelos in deinen Alltag integrieren kannst.

Warum der Atem so wichtig ist

Die Atmung ist eine der wenigen Körperfunktionen, die sowohl automatisch als auch bewusst gesteuert werden kann. Wenn wir gestresst sind, wird unsere Atmung oft flach und schnell – ein Überbleibsel aus unserer evolutionären Kampf-oder-Flucht-Reaktion.

Bewusste Atemübungen helfen, diesen Mechanismus umzukehren. Sie aktivieren den Parasympathikus, den Teil unseres Nervensystems, der für Entspannung zuständig ist. Schon ein paar tiefe Atemzüge können unsere Herzfrequenz senken, den Blutdruck stabilisieren und uns geistig zentrieren.

Die Atmung ist nicht nur eine grundlegende Körperfunktion, sondern spielt auch eine Schlüsselrolle in der Regulierung unseres Nervensystems. Studien zeigen, dass bewusste Atemübungen erhebliche Auswirkungen auf Stress, emotionale Stabilität und körperliche Gesundheit haben können.

  1. Aktivierung des Parasympathikus:
    Tiefe Atemübungen aktivieren den Parasympathikus, der als zentraler Teil unseres autonomen Nervensystems für Entspannung und Regeneration verantwortlich ist. Durch die bewusste, verlangsamte Atmung wird dieser "Ruhenerv" stimuliert, was zu einer messbaren Senkung von Herzfrequenz und Blutdruck führt – beides sind wissenschaftlich nachgewiesene physiologische Anzeichen für einen reduzierten Stresslevel im Körper. Diese natürliche Entspannungsreaktion hilft dem Organismus dabei, vom aktivierten "Kampf-oder-Flucht-Modus" in einen ausgeglicheneren Zustand zurückzukehren.
  2. Reduktion von Cortisol:
    Langsames, bewusstes Atmen kann die Konzentration des Stresshormons Cortisol im Blut nachweislich reduzieren. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass bereits wenige Minuten gezielter Atemübungen ausreichen, um den Cortisolspiegel messbar zu senken. Diese Wirkung ist besonders bedeutsam, da ein dauerhaft erhöhter Cortisolspiegel mit verschiedenen gesundheitlichen Problemen in Verbindung gebracht wird.
  3. Verbesserung der emotionalen Stabilität:
    Atemarbeit verbessert nachweislich die Regulation von Emotionen und senkt das Risiko für stressbedingte Erkrankungen wie Angststörungen, Panikattacken und psychosomatische Beschwerden. Die regelmäßige Praxis von Atemübungen fördert die Balance zwischen dem sympathischen und dem parasympathischen Nervensystem, was zu einer verbesserten Stressresistenz und emotionalen Ausgeglichenheit führt. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die regelmäßig Atemübungen praktizieren, besser mit emotionalen Herausforderungen umgehen können und eine stabilere psychische Gesundheit aufweisen.
  4. Unterstützung bei der Stressbewältigung:
    Atemtechniken, insbesondere die kohärente Atmung, haben sich als besonders effektiv bei der Bewältigung von sowohl akutem Stress als auch langanhaltender chronischer Belastung erwiesen. Wissenschaftliche Studien belegen ihre positive Wirkung auf das autonome Nervensystem und die Stressregulation. In der modernen Medizin werden sie zunehmend als wertvolle ergänzende Therapie bei der Behandlung von Depressionen, Burnout-Symptomen und anderen stressbedingten Gesundheitsproblemen empfohlen. Die regelmäßige Anwendung dieser Techniken kann nachweislich zur Verbesserung des psychischen Wohlbefindens und zur Stärkung der körperlichen Widerstandsfähigkeit beitragen.

Die Rolle der Atemmuskulatur bei Stress

Viele Menschen sind sich nicht bewusst, dass ihre Atemmuskulatur – insbesondere das Zwerchfell als wichtigster Atemmuskel – bei chronischem Stress in einem Zustand anhaltender Anspannung sein kann. Diese muskuläre Verspannung führt zu einer eingeschränkten Beweglichkeit des Zwerchfells, was eine flache, oberflächliche Atmung zur Folge hat und das Gefühl von körperlicher und mentaler Anspannung weiter verstärkt.

Spezifische Übungen wie die bewusste Bauchatmung können dabei helfen, diese Verspannungen systematisch zu lösen, die natürliche Beweglichkeit des Zwerchfells wiederherzustellen und die Atmung nachhaltig zu vertiefen. Die gezielte Mobilisierung des Zwerchfells durch sanfte Dehnungs- und Entspannungsübungen kann dabei einen besonders wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Atemqualität und zur Stressreduktion leisten.

Die besten Atemübungen gegen Stress


1. Bauchatmung 

Die Bauchatmung, auch Zwerchfellatmung genannt, ist eine der effektivsten und natürlichsten Techniken zur Stressreduktion. Sie nutzt die volle Kapazität unserer Lunge und hilft dabei, innerhalb weniger Atemzüge einen Zustand tiefer Entspannung und innerer Ruhe zu erreichen. Diese fundamentale Atemtechnik ist besonders wertvoll, da sie den Körper in seinen ursprünglichen, entspannten Atemrhythmus zurückführt.

So geht’s:

  1. Setze oder lege dich bequem hin.
  2. Lege eine Hand auf deinen Bauch und die andere auf deine Brust.
  3. Atme tief durch die Nase ein, sodass sich dein Bauch hebt, während deine Brust möglichst still bleibt.
  4. Atme langsam durch den Mund aus. Wiederhole dies für 5–10 Atemzüge.

2. Die 4-7-8-Atemtechnik

Diese Technik hat sich als besonders wertvoll erwiesen, wenn du dich in Momenten hoher Anspannung oder Stress befindest. Sie ist auch äußerst effektiv, wenn abends deine Gedanken kreisen und du Schwierigkeiten hast, zur Ruhe zu kommen oder einzuschlafen. Die rhythmische Struktur dieser Atemtechnik hilft dabei, das Nervensystem zu beruhigen und einen Zustand tiefer Entspannung herbeizuführen.

So geht’s:

  1. Atme durch die Nase ein und zähle dabei bis 4.
  2. Halte den Atem an und zähle bis 7.
  3. Atme durch den Mund aus, während du bis 8 zählst.
  4. Wiederhole dies 4–8 Mal.

3. Wechselatmung (Nadi Shodhana)

Die Wechselatmung, eine traditionsreiche Technik aus der jahrtausendealten Yogapraxis, ist eine besonders wirksame Methode zur Harmonisierung von Körper und Geist. Diese ausgleichende Atemtechnik hilft dabei, beide Gehirnhälften zu aktivieren und einen Zustand tiefer innerer Balance herzustellen.

So geht’s:

  1. Setze dich aufrecht hin.
  2. Verschließe dein rechtes Nasenloch mit dem Daumen und atme durch das linke Nasenloch ein.
  3. Verschließe das linke Nasenloch mit dem Ringfinger und atme durch das rechte Nasenloch aus.
  4. Wiederhole dies für 5 Minuten im Wechsel.

4. Kohärente Atmung

Die kohärente Atmung ist eine wissenschaftlich fundierte Technik, bei der du in einem gleichmäßigen, harmonischen Rhythmus ein- und ausatmest. Dieser ausbalancierte Atemrhythmus hilft dabei, die Herzfrequenzvariabilität zu optimieren und versetzt deinen Körper in einen tiefen Zustand der Entspannung. Durch die regelmäßige Atmung synchronisieren sich verschiedene Körpersysteme, was zu einer verbesserten Balance des autonomen Nervensystems führt.

So geht’s:

  1. Atme 5 Sekunden lang durch die Nase ein.
  2. Atme 5 Sekunden lang durch den Mund aus.
  3. Wiederhole dies für mindestens 5 Minuten.

5. Summende Biene (Bhramari)

Diese kraftvolle Atemtechnik nutzt sanfte Vibrationen und das beruhigende Summen, um tiefe Entspannung zu fördern. Die entstehenden Schwingungen haben einen harmonisierenden Effekt auf das Nervensystem und können helfen, mentale Anspannung und kreisende Gedanken zu reduzieren.

So geht’s:

  1. Atme tief ein.
  2. Atme langsam aus, während du ein summendes Geräusch machst (ähnlich einem „mmm“).
  3. Wiederhole dies 6–8 Mal.

6. Physiologisches Seufzen

Das physiologische Seufzen ist eine spezielle Atemtechnik, die auf einem doppelten Einatmen und einem langen Ausatmen basiert. Es handelt sich um eine natürliche Reaktion des Körpers, die sowohl Menschen als auch Tiere einsetzen, um Stress abzubauen. Diese Art der Atmung kann willentlich genutzt werden, um die autonome Erregung – also die Aktivierung des sympathischen Nervensystems – schnell zu regulieren.

So geht’s:

  1. Doppeltes Einatmen: Atme zuerst tief durch die Nase ein. Füge ein zweites, kurzes Einatmen hinzu, um die Lungen vollständig zu füllen.
  2. Langes Ausatmen: Lasse die Luft langsam und vollständig durch den Mund entweichen.
  3. Wiederholung: Führe diese Atemsequenz 2–3 Mal hintereinander aus.

Wie du Atemübungen in deinen Alltag integrierst

Die besten Atemtechniken nützen wenig, wenn wir sie nicht regelmäßig anwenden. Hier sind ein paar Tipps, wie du sie in deinen Alltag einbauen kannst:

  • Morgens: Starte deinen Tag mit 5 Minuten Bauchatmung, um ruhig und fokussiert in den Tag zu gehen.
  • Unterwegs: Nutze die 4-7-8-Technik, wenn du im Stau steckst oder in der Bahn sitzt.
  • Am Arbeitsplatz: Plane eine kurze „Atempause“ nach stressigen Meetings ein.
  • Abends: Beende deinen Tag mit der Summenden Biene, um deinen Geist zu beruhigen und besser zu schlafen.

Praktische Tipps für Anfänger

  1. Kleine Schritte machen: Beginne mit nur 1-2 Minuten Atemübungen pro Tag und steigere die Dauer langsam und behutsam. Dies hilft dir dabei, eine nachhaltige Routine aufzubauen, ohne dich zu überfordern. Mit der Zeit wirst du merken, wie sich deine Praxis ganz natürlich verlängert.
  2. Einen Ankerpunkt finden: Verknüpfe Atemübungen gezielt mit bestimmten täglichen Aktivitäten oder Routinen, wie dem morgendlichen Zähneputzen, dem Warten an der Ampel oder der Kaffeepause. Diese bewusste Verbindung macht es dir leichter, die Übungen regelmäßig in deinen Alltag zu integrieren und sie nicht zu vergessen.
  3. Erwarte keine Perfektion: Es ist völlig normal und menschlich, dass deine Gedanken während der Übungen abschweifen. Statt dich dafür zu kritisieren, nimm es einfach wahr und führe deine Aufmerksamkeit sanft und geduldig zum Atem zurück. Jeder neue Atemzug ist eine neue Gelegenheit, präsent zu sein.

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Technologische Hilfsmittel für Atemübungen

In unserer zunehmend digitalisierten Welt steht eine Vielzahl moderner Apps und technischer Hilfsmittel zur Verfügung, die die regelmäßige Durchführung von Atemübungen unterstützen und erleichtern können. Beliebte Anwendungen wie Insight Timer, Calm, Headspace oder spezialisierte Atem-Tracker bieten nicht nur Erinnerungsfunktionen für regelmäßige Übungseinheiten, sondern auch professionell geführte Anleitungen, Fortschrittsüberwachung und personalisierte Empfehlungen.

Diese digitalen Werkzeuge können sich als besonders wertvoll erweisen, wenn es darum geht, Atemübungen nahtlos in einen hektischen Alltag zu integrieren - sei es durch kurze Übungseinheiten zwischen Terminen, geführte Meditationen in der Mittagspause oder entspannende Atemsequenzen vor dem Schlafengehen. Die intelligente Kombination aus traditionellen Atemtechniken und modernen digitalen Hilfsmitteln ermöglicht es uns, auch in einer schnelllebigen Zeit bewusste Atempausen zu schaffen und von den positiven Effekten regelmäßiger Atemübungen zu profitieren.

Langfristige Vorteile bewusster Atmung

Atemübungen sind weit mehr als nur eine vorübergehende Lösung für akute Stresssituationen. Sie sind ein kraftvolles Werkzeug für nachhaltige Veränderungen in deinem Leben. Die wissenschaftliche Forschung zeigt, dass bei regelmäßiger und konsequenter Anwendung dieser Techniken folgende positive Entwicklungen eintreten können:

  • deine Widerstandsfähigkeit gegenüber alltäglichen und außergewöhnlichen Stresssituationen deutlich zunimmt
  • sich dein körperliches und seelisches Wohlbefinden spürbar verbessert und stabilisiert
  • dein Schlaf tiefer und erholsamer wird, was zu besserer Regeneration führt
  • deine geistige Klarheit, Konzentrationsfähigkeit und mentale Ausdauer sich merklich steigern.

Fazit: Dein Atem als Schlüssel zu mehr Ruhe

Atemübungen sind eine einfache, aber außerordentlich wirkungsvolle Methode, um Stress zu reduzieren – und das Beste daran ist, dass du sie jederzeit und überall anwenden kannst, ob im Büro, zu Hause oder unterwegs. Probiere es selbst aus und entdecke die transformative Kraft des bewussten Atmens! Beginne noch heute mit einer der vorgestellten Techniken und nimm dir einen Moment Zeit, um wahrzunehmen, wie sich dein Körper Atemzug für Atemzug entspannt, deine Gedanken zur Ruhe kommen und ein Gefühl tiefer innerer Gelassenheit sich in dir ausbreitet.

💡
Tipp: Wenn dir diese Übungen gefallen, findest du auf meinem Blog weitere Tools und Methoden, die dir dabei helfen, stressfreier zu leben. Schau doch mal vorbei!

Russo, M. A., Santarelli, D. M., & O’Rourke, D. (2017). The physiological effects of slow breathing in the healthy human. Breathe, 13(4), 298–309. https://doi.org/10.1183/20734735.009817

https://www.spektrum.de/news/mit-der-richtigen-atmung-und-weitem-blick-stress-abbauen/1813064

Tudor, Una L. (2022) - Das kleine Buch vom heilsamen Atmen. https://amzn.to/4gwIle8*

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